Das Wollschwein - ein Schwein mit Geschichte

Die Heimat des Wollschweines ist das alte Österreich-Ungarn, wo diese Rasse als Mangalitza bekannt ist. Neben den in der Schweiz heute verbreiteten schwalbenbauchigen (Rücken schwarz, Bauch weiss) sind in Ungarn bis heute auch blonde und rote Wollschweine vorhanden. Im vorigen Jahrhundert wurde das Wollschwein dort aus verschiedenen jugoslawischen und ungarischen Landschweinrassen gezüchtet. In einer extensiven Herdenhaltung bevölkerte es die Steppen und Wälder Ungarns. Wegen seiner hervorragenden Speckqualität und einem guten Fettansatz verbreitete es sich rasch in ganz Europa und wurde gar an der Wiener Börse gehandelt.

Hunderttausende von Wollschweinen wurden jährlich von Ungarn gen Westen gefahren. Auch in die Schweiz wurde das Wollschwein importiert, hatte aber später gegen die bis heute dominierenden englischen Edelschweinrassen keine Chance, da es für die lntensivhaltung nicht geeignet ist. Es kann also als Leistungstier vergangener Zeiten bezeichnet werden.

 

Das Besondere am Wollschwein

Wollschweine, oder auch wollhaarige Weideschweine, sind etwas kleiner als Edelschweine. Ihre Erscheinung ist kompakter, und trotz ihres massiven Körperbaus sind sie sehr marschfähig. Wollschweine sind sehr robust und kälteresistent, und können recht einfach gehalten werden. Die Frischlingsstreifen der neugeborenen Ferkel zeigen die nahe Verwandtschaft zu den Wildschweinen auf. Die Alttiere sind dicht schwarz und gekraust behaart, mit gelbweissem Bauch. Das Fleisch ist kräftig und von hervorragender Qualität. Als Spezialität gilt das Spanferkel, das nicht zu trocken wird und darum anderen Rassen überlegen ist.

 

 

Vom Aussterben bedroht

Die einst weitverbreitete Zucht des wollhaarigen Specklieferanten ist seit dem 2. Weltkrieg immer mehr zurückgegangen und heute fast zusammengebrochen. Nebst Restbeständen in Deutschland, Österreich, Serbien und Ungarn, weist heute die Schweiz den höchsten Bestand der Tiere aus. Mittels gegenseitigem Tiertausch kann die europäische Wollschwein-Population vor Inzuchtschäden bewahrt werden. In der Schweiz ist die Vereinigung für die Wollschweinzucht mittels einer gelenkten Erhaltungszucht um den Fortbestand der Rasse bemüht.

 

Warum die Rasse erhalten?

Das Wollschwein unterscheidet sich grundsätzlich von allen anderen Schweinerassen, weist Qualitäten auf, die sie auch für die Zukunft erhaltenswert erscheinen lassen. Die Tiere sind robust und widerstandsfähig gegen Krankheiten, kennen keine Stresszustände. Sie haben einen ruhigen, sehr sozialen Charakter. Sie bringen in 2 Jahren 3 Würfe mit je ca. 8 Ferkel. Wollschweine sind anspruchslos bezüglich Futterqualität. Sie ertragen extreme Witterung und können auch im Winter im Freien gehalten werden. Somit eignen sie sich vorzüglich für eine extensive Weidemast, und ergeben für interessierte Bauern einen guten Zuerwerb.

 

Die schweizerische Wollschweinzucht in jüngster Zeit

PRO SPECIE RARA übernahm 1986 die Zucht in der Schweiz von der Stamm-Stiftung in Oberwil / BL. Die Tiere wurden in Kleingruppen eingeteilt, und an interessierte Bauern abgegeben, die Gewähr für eine artgerechte Haltung auf extensiver Weidebasis bieten. Aus anfänglich einem knappen Dutzend Zuchtgruppen ist mit den Jahren eine breite Basis von weit über 100 Züchtern in der ganzen Schweiz für die weitere Erhaltungszucht gewachsen. 1994 wurde die Schweizerische Vereinigung für die Wollschweinzucht gegründet. Sie will dem Wollschwein in der Schweiz zum Überleben verhelfen, indem sie unter anderem ein Herdebuch der von ihren Mitgliedern gezüchteten Tiere führt. Besonderes Augenmerk wird der Vermeidung von Inzucht (Zuchtbuch) und der Mithilfe beim Absatz von Fleisch (Fleischdrehscheibe) und Ferkel (Mastferkelvermittlung) gewidmet. Alle Halter werden durch die Vereinigung (Expertenwesen) betreut und beraten, um möglichst zu vermeiden, dass Wollschweingruppen wegen Haltungsfehlern aufgegeben werden müssen. Die Haltung der Tiere, meist in kleinen Gruppen im Freiland, kann sehr gut der Landesgegend oder den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. So findet man in der Schweiz Wollschweine auf Alpen, als Quartiersau, zur Säuberung von Kastanienhainen (Tessin), zur Pflege von Vogelschutzgebieten (Bodensee), zur Mast in Eichenwäldern, etc.